"Ich bin Diplom-Sozialpädagogin (FH) und war von Dezember 1999 bis Dezember
2004 für die Flüchtlingsunterkünfte in der Benzstrasse in Leinfelden als Mitarbeiterin der AWO,
Kreisverband Esslingen, tätig. Zuvor arbeitete ich 6 Jahre in der
Sozialpsychiatrie und 9 Jahre im Krankenhaus Sozialdienst in Bayern.
Der AWO Kreisverband Esslingen unterstützt die Asylbewerber in den staatlichen Sammelunterkünften, die ganz frisch nach Deutschland gekommen sind. Die schwierige und einschränkende Gesetzeslage, als auch Sprachschwierigkeiten und die Probleme mit der Umstellung in einem fremden Land, wo erst einmal sämtliche Hoffnungen im Keim erstickt werden, erschweren die eigentliche Beratungstätigkeit in allen Lebenslagen.
Bis Dezember 2004 betreute ich die Unterkünfte in Leinfelden und Bernhausen mit
insgesamt etwa 140 Personen, vorwiegend alleinstehende Männer aus Schwarzafrika, Algerien, Türkei, Naher Osten, Iran, Vietnam und aus den GUS- Staaten.
Die Probleme der Bewohner sind mannigfaltig. Sie reichen über ganz alltägliche Probleme des
Zusammenlebens in einem Umfeld, wo mehrere Ethnien und Kulturen eng zusammen leben müssen über familiäre und gesundheitliche Probleme, die aufgrund von
Traumatisierungen im Heimatland entstanden oder durch die unbefriedigende Situation erst hier entstehen. Sie sind strengen Regeln unterzogen, die ihre Bewegungsfreiheit durch die
sogenannte "Residenzpflicht" einschränkt, oder durch den Erhalt lediglich von Sachleistungen und einem
monatlichen Taschengeld von 40 Euro, das auch für kleinere Gebrauchsgegenstände und Anwaltskosten benutzt werden muss.
Das größte Problem und Folge vieler Missverständnisse ist jedoch das Sprachproblem. Da eine Integration der Asylbewerber vom Staat nicht gewünscht ist, werden auch keine integrativen Maßnahmen in diesem Bereich gefördert. Hier sind alle Asylorganisationen auf Spenden angewiesen, um z.B. Sprachkurse durchführen zu können.
Seit dem Jahr 2004 kam eine weitere Verschärfung und Einengung durch die Gesetze hinzu. Die betreuenden Organisationen erhalten nur noch eine Pauschale für 20 Monate pro Asylbewerber. Aufgrund der langwierigen und
meiner Ansicht nach oft ungerechten Asylverfahren, wodurch wiederum gerichtliche Klagen notwendig werden, sind die meisten Asylbewerber jedoch 2-4 Jahre in einer
staatlichen Sammelunterkunft untergebracht und benötigen oft besonders dann vermehrt Betreuung, wenn die
Ablehnung durch das Bundesamt kam. Da sich die Lage der Asylbewerber in der EU
allgemein verschlechterte, ging die Zahl der einreisenden Asylbewerber drastisch zurück um 30% und erreichte damit den stärksten Tiefststand seit 20 Jahren.
Das zwang die AWO KV ES dazu mehrere Mitarbeiter zu entlassen. So bin auch ich im Moment arbeitslos und arbeite gegenwärtig lediglich für
ein paar Honorarstunden beim IB in ES, einem der größten Bildungsträger Deutschlands.
Die Not meiner früheren Schutzbefohlenen, die nun zwangsläufig in einem geringeren Maß betreut werden können, beflügelte mein Engagement zweiwöchentlich ehrenamtlich einen Sprachkurs der besonderen Art durchzuführen.
Bereits im Frühjahr letzten Jahres verließ uns die damalige Sprachlehrerin, aber auch aus Kostengründen musste der Kurs eingeschränkt werden.
Die Idee meines Sprachkurses basiert auf der Grundlage der Wissensvermittlung und Freizeitgestaltung. Daher ist es ein Sprachkurs mit "open end", mit
Kaffe und Tee, Spiel, Musik und Tanz je nach Laune der Schüler. Wenn gewünscht, kann auch mal zusammen gekocht werden. Dabei soll Gespräch und Spaß nicht zu kurz kommen.
Als tatkräftige Mithelferin erklärte sich eine Lehrerin des Gymnasiums bereit die fachliche Kompetenz vor allem des Erlernen der Sprache zu unterstützen."