AWO Leinfelden-Echterdingen 2002
Einstellung der Mobilen Sozialen Dienste
Artikel aus der Filder-Zeitung vom 14. Juni 2002
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Weil die Zivildienstzeit junger Männer immer kürzer wird, kommen soziale Dienste in
Bedrängnis. Die Awo zieht sich auf den Fildern deshalb zurück.
Foto: Archiv
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Mangel an Zivis zwingt AWO
zum Rückzug aus mobilem Dienst
Kreisverband gibt Büro in Leinfelden auf - 40 Kunden sollen an andere Anbieter vermittelt werden
Filder. Noch im Laufe des Monats ist
Schluss: Die Arbeiterwohlfahrt (Awo)
stellt Ihren mobilen Dienst auf den
Fildern ein. Der Grund für den Rückzug aus dem Serviceangebot: Dem
Sozialverband fehlen die Zivildienstleistenden.
Das Büro in Leinfelden, von dem aus der
Dienst in den Städten Leinfelden-Echterdingen
und Filderstadt organisiert wurde, wird
bald verwaist sein. Die Stadt als Besitzerin
der Räume weiß allerdings noch nicht allzu
lange vom Ende des Awo-Engagements.
"Wir sind kalt erwischt worden", sagt Sozialbürgermeister Gerhard Haag. Seit einer Woche
sei die Kommune über den Rückzug
informiert. "Mehr Vorlauf wäre schön gewesen",
sagt der Bürgermeister. Bei aller Kritik
an der Informationspolitik äußert Haag aber
Verständnis für den Schritt. "Die Awo ist ein
relativ kleiner Träger. Die müssen die Bremse
reinhauen, wenn etwas aus dem Ruder
läuft."
Zwei Jahre lang sei der Fortbestand des
mobilen Dienstes auf den Fildern beim
Awo-Kreisverband Esslingen intern in der
Diskussion gewesen, sagt Awo-Geschäftsführerin
Elfriede Brenz auf Nachfrage unserer
Zeitung. Ausschlaggebend seien letztlich
"die dramatischen Auswirkungen der Verkürzung
des Zivildienstes auf zehn Monate"
gewesen. Der Awo sind schlicht die Zivis
ausgegangen.
Das Ganze ist eine einfache
Rechnung. Junge Männer mit Abitur treten den Dienst meist nach
den Sommerferien im September
an. Abzüglich Einarbeitungszeit, Urlaub und
Schulungen währt der Einsatz knapp acht
Monate. Sie scheiden aus dem Dienst noch
ehe der potenzielle Nachfolgejahrgang die
Schule verlassen hat.
Für den Awo-Service in Leinfelden, der
mit einem Hauptamtlichen und zehn Zivildienststellen arbeitet, bedeutet dies das
Aus - und für die rund 40 Klienten des
Dienstes, dass sie sich einen neuen Anbieter suchen müssen.
"Wir haben uns bemüht, unsere Kunden an andere Dienste zu vermitteln",
sagt Brenz. Bis auf eine Ausnahme sei
dies auch gelungen. Die Kundin
habe sich aber in der Vergangenheit schon bei anderen Anbietern
als schwierig erwiesen. Bislang
wissen wir noch nicht, wie es mit
ihr weitergeht", sagt Brenz.
Als Alternativen bleiben die Angebote der
Sozialstation, des Wohlfahrtswerkes und diverser privater Dienstleister.
Peter Löwy, Leiter des Amts für soziale Dienste in
L.-E.,
geht davon aus. dass sich die Zahl der
Anbieter erhöhen wird. Es könnte gut sein,
dass der Arbeiter-Samariter-Bund hier sein
Angebot ausweitet", sagt Löwy.
Damit würde sich der ASB auf ein schwieriges
Terrain vorwagen. "Ohne pflegerische
Versorgung des Kunden, kann man den
Dienst kaum aufrecht erhalten", sagt Brenz.
Das Angebot der Awo, dass sich auf Essen
auf Rädern und kleinere Dienstleistungen
beschränkte, musste vom Kreisverband jährlich
mit einem fünfstelligen D-Mark-Betrag
bezuschusst werden. Weitere rund 5000 Euro
kamen jährlich von der Stadt Leinfelden-Echterdingen.
Doch Brenz legt Wert auf die Feststellung, dass
finanzielle Überlegungen nicht im Vordergrund standen.
"Das Ganze ist ein Personalproblem. Für mich ist
der Zivildienst ein absolutes Auslaufmodell".
Christian Milankovic